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Günther Hopfgartner und Tobias Schweiger: Wohnen statt Kanonen – Für eine starke KPÖ im EU-Parlament

Heuer stehen gleich zwei bundesweite Wahlgänge an: Im Frühsommer wird das EU-Parlament neu gewählt und im Herbst der österreichische Nationalrat. Wir haben bei den KPÖ-Spitzenkandidaten Günther Hopfgartner und Tobias Schweiger nachgefragt.

Das Thema Teuerung brennt uns immer noch unter den Nägeln. Was will die KPÖ dagegen tun?

Tobias Schweiger: Österreich ist leider aus der Teuerungskrise nicht raus. Österreich hat die fünffache Teuerungsrate von Dänemark und liegt immer noch deutlich über den gewohnten Inflationsraten. Dagegen könnten wir vieles tun. Zum einen gibt es in Österreich ja bereits brauchbare Gesetze, die müsste man nur anwenden. Das Preisgesetz hätte etwa erlaubt, die Lebensmittelpreise nicht so stark steigen zu lassen. Damit könnte man immer noch eingreifen. Bei den Wohnkosten bräuchte es teilweise neue Gesetze, etwa einen Mietendeckel, der Mietpreisobergrenzen für alle Mieterinnen und Mieter festlegt.

Günther Hopfgartner: Beim leistbaren Wohnen wird es auch zu Konflikten mit EU-Recht kommen. Momentan unterliegt Wohnen dem Wettbewerbsrecht. Das macht Eingriffe in die Mieten schwierig. Deshalb braucht es auch eine starke Stimme für‘s Wohnen in Brüssel. Solange das Recht auf Wohnen nur in der EU-Sozialcharta steht, aber nicht einklagbar ist, sind Mieterinnen und Mieter den Profitinteresse der Vermieter ausgeliefert.

Bedeutet das, die EU ist Schuld an den teuren Mieten in Österreich?

Günther Hopfgartner: In Brüssel tummeln sich natürlich viele Lobbyisten und Privilegienritter. Über die EU werden deshalb Verordnungen durchgewunken, die in Österreich nie eine Mehrheit hätten. Die EU- Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS machen dabei aber tüchtig mit und kassieren dafür monatlich über 9.000 Euro ab.

Tobias Schweiger: Über den Europäischen Rat bestimmt Österreichs Regierung die Entscheidungen mit. Nachher schiebt sie die Schuld auf die EU und hofft dann, dass wir nicht genauer hinschauen. Damit sollten wir unsere Bundesregierung nicht länger durchkommen lassen. Die EU nimmt schon einen Einfluss darauf, wie in Europa Wohnungspolitik gemacht wird, aber ob wir uns das Wohnen leisten können oder nicht, hängt schon von unserer Regierung ab.

Momentan wird viel über europäische Rüstungspolitik gesprochen. Top oder Flop?

Günther Hopfgartner: Die Gefahr eines Krieges steigt mit der Rüstungsspirale an. Österreichs Regierung macht bei der gemeinsamen EU-Außenpolitik mit und höhlt damit die Neutralität aus. Wir müssen mit der Kriegslogik brechen.

Tobias Schweiger: Österreich hätte eine Tradition aktiver Netralitätspolitik, an die wir anknüpfen können. Dazu haben die etablierten Parteien im Parlament aber alle nichts zu sagen. Die Investition von Milliarden Euro in Panzer und Raketen macht Österreich nicht sicherer. Dafür steigt die soziale Unsicherheit mit der Teuerung weiter an.

Stichwort Teuerung: Wie kann sich Österreich gegen künftige Inflationskrisen wappnen?

Tobias Schweiger: Da brauchen wir eine grundlegende Kehrtwende: Der Markt regelt offenbar nichts in unserem Interesse.

Günther Hopfgartner: Gerade bei der Energie wäre es ein leichtes, Strom und Wärme nicht von den Märkten abhängig zu machen. Unser Vorschlag wären regionale Energiegenossenschaften, an denen die Bevölkerung auch direkte Anteile hat. Das würde auch die Gemeinden wieder stärken und einen wichtigen Schritt zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas liefern. Die Perspektive muss eine Energiegrundsicherung sein, die allen Haushalten den Grundbedarf an Strom und Wärme kostenlos zur Verfügung stellt.
Tobias Schweiger: Und auch bei den kommunalen Wohnungen wäre viel zu tun. Die Schritte der Regierung für eine wirksame Leerstandsabgabe sind wichtig, aber es ist klar, dass gerade der öffentliche Wohnbau dringend offensiv angegangen werden muss. Wenn Geld in Wohnungsbau investiert wird, dann sinnvollerweise in den Ankauf von Baugründen für Gemeinden und die Errichtung von städtischen Wohnungen.

Die KPÖ ist vor allem dafür bekannt, ihre Politikerbezüge bei Sozialsprechstunden an Menschen in Notlagen weiterzugeben. Ist das nicht einfach Show, die keine politischen Probleme löst?

Günther Hopfgartner: Im Gegenteil, das ist ja keine Einbahnstraße. Wir freuen uns, wenn wir Menschen helfen können. Aber wer deutlich mehr als der Durchschnitt verdient, hat auch die Probleme nicht mehr, die für die meisten Menschen Normalität sind. In den Sozialsprechstunden erzählen Menschen, wo der Schuh wirklich drückt. Deshalb ist uns auch der enge Kontakt in Sozialberatungen so wichtig. Das gilt auch für die EU-Ebene und somit für mögliche EU-Mandatar:innen der KPÖ.

Tobias Schweiger: Außerdem ist die Gehaltsobergrenze bei uns ja auch ein Schutz. Abgehobene Gehälter führen zu abgehobener Politik. Durch die Gehaltsobergrenze stellen wir sicher, dass Menschen bei uns in Mandate gehen, weil sie etwas für die Menschen bewegen wollen, die es sich nicht richten können.

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Tobias Schweiger

Tobias Schweiger ist Spitzenkandidat für die Nationalratswahlen 2024. Seit 2021 ist er Bundessprecher der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Kontakt: tobias.schweiger@kpoe.at

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