»Gemeinsam tun!«

Was waren aus der Sicht der KPÖ die zentralen Faktoren für den Wahlerfolg in Salzburg? Günther Hopfgartner im Gespräch.

Kommentator:innen und die interessierte Öffentlichkeit zeigten sich überrascht vom jüngsten Wahlergebnis der Salzburger KPÖ. Habt ihr parteiintern mit einem derartigen Ergebnis gerechnet?

Hopfgartner: Ich habe in den Wochen vor der Wahl mit einem Einzug in den Landtag gerechnet, das zweistellige Ergebnis konnte aber niemand vorhersehen.

Die Stimmung bei Infoständen und Aktionen war zwar extrem gut gegenüber der Partei und insbesondere Kay-Michael Dankl, die Frage war aber, ob sich die Kritik an den anderen Parteien auch in einer Stimmabgabe für die KPÖ ausdrücken würde.

Was waren die ausschlaggebenden Faktoren für ein derartiges Ergebnis?

Hopfgartner: Zunächst einmal die konsequente und harte Arbeit der Genoss:innen Vorort über einen längeren Zeitraum hinweg. Konsequent insofern, als sie stets versucht haben, zu zu hören – auf der Straße, aber vor allem auch in den Sozialberatungen und thematischen Arbeitskreisen – und entsprechend zu agieren. Das heißt, viele unserer Themen und Lösungsvorschläge haben wir direkt im Gespräch mit den betroffenen Menschen entwickelt.

Entsprechend konnten wir Vertrauen aufbauen, weil sichtbar war, dass wir erstens auch jenen zuhören, die ansonsten kein Gehör für ihre Interessen finden, und wir uns dann aber auch nicht – wie ansonsten von Parteien zu erwarten – in die Pose der Stellvertreter werfen, die es richten, wenn du nur deine Stimme für ein paar Jahre abgibst.

Was meinst du damit?

Hopfgartner: Wir haben wann immer möglich versucht, gemeinsam mit den Menschen Lösungen für ihre Probleme zu finden und sie auch in die Auseinandersetzung eben darum einzubinden. Das ist das, was wir theoretisch-abstrakt mit “die Klasse entlang ihrer Interessen organisieren” meinen.

Das kann durchaus auch so eine “banale Kleinigkeit” sein, wie Beratungen zu organisieren, wie man die – vermutlich absichtlich – kompliziert gestalteten Formulare für Zuschüsse und Sozialleistungen ausfüllt. Damit man wenigstens diesbezüglich zu seinem Recht kommt.

In all diesen Gesprächen und Beratungen wurde Kay und seinem Team etwa auch bewusst, wie brisant das Wohnungsthema in Salzburg tatsächlich ist. Und wie sehr es das Leben von vielen Menschen negativ beeinflusst.  Wie es mit anderen sozialen Fragen zusammenhängt und dass das Problem dabei keineswegs ist, dass es dafür keine Lösungen gäbe, sondern dass die anderen Parteien, das Thema im Wahlkampf zwar aufgreifen, einmal gewählt aber alles tun, um die Lösungsansätze wieder in diversen Schubladen zu begraben.

Aus dieser Einsicht konnten die Salzburger Genoss:innen dann die – letztlich erfolgreiche – Doppelstrategie entwickeln, die ich mit “helfen und reden” beschreiben würde. Also konkrete Beratung und Hilfestellung, verbunden mit der Unterstützung der Organisierung von Betroffenen im Kampf um ihre Interessen.

Und letztlich dem Versprechen, all das, was wir in den Beratungen und gemeinsamen Aktivitäten über die Interessen der Menschen gelernt haben, auch in den Parlamenten zu vertreten. Dort als Nervensägen gegenüber den Herrschenden eine Kontrollfunktion auszuüben, damit Versprechen eingehalten werden und die Interessen der Menschen auch tatsächlich im parlamentarischen Betrieb Berücksichtigung finden. “Damit man draußen weiß, was drinnen vorgeht und drinnen gehört wird, was draußen von Interesse ist.”

Siehst du weitere Faktoren für den Erfolg?

Hopfgartner: Zunächst natürlich das Team in Salzburg um Kay-Michael Dankl, Sarah Pansy, Christian Eichinger, Natalie Hangöbel und und und …

Ihr Einsatz und ihre Performance in unterschiedlichen Rollen war einfach unglaublich. Sie haben gleichzeitig die Partei in Salzburg neu aufgebaut, die Partei mit den Menschen, um die es in unserer Politik geht, verbunden und diese Politik über Monate effektiv kommuniziert. Das war schon sehr beeindruckend – und für sie wohl auch erschöpfend.

Zudem ist es uns gelungen, die Wahlen in Salzburg zu einem gemeinsamen Projekt der ganzen KPÖ und ihrer befreundeten Organisationen zu machen. Hunderte Aktivist:innen haben die Salzburger Genoss:innen beim Aufbringen der Unterstützungsunterschriften und im Wahlkampf unter die Arme gegriffen.

Darin zeigt sich der Vorteil der Parteikonzeption, die wir mit dem Begriff “verbindende Partei” beschreiben. Und die Tatsache, dass wir uns am letzten Parteitag darauf geeinigt haben, dass die Zeit des “über einander redens” und des Primats der ideologischen Auseinandersetzung zurücktreten muss, zugunsten des “gemeinsamen Tuns”. Das heißt nicht, dass wir nicht auch noch theoretische Auseinandersetzungen führen würden, aber dass diese Debatten sich an der Praxis messen lassen müssen. Insofern gilt unser erster Blick parteiintern jetzt nicht mehr den ideologischen Differenzen, sondern dem, was wir gemeinsam tun könnten. In diesem gemeinsamen Tun relativieren sich dann viele der Differenzen sehr schnell, weil Politik sich nicht mehr an einem abstrakt konstruierten Objekt orientiert, sondern sich mit realen Subjekten entfaltet.