WAHLEN | NATIONALRAT

Bettina Prochaska: » Ich möchte meine jahrzehntelange Erfahrungen zur Verbesserung der Bedingungen in der Pflege einsetzen«

Bei einer Mitgliederkonferenz der KPÖ in Graz wurde Bettina Prochaska im November des Vorjahres zu einer der beiden Spitzenkandidat:innen für die bevorstehenden Nationalratswahlen gewählt. In diesem Gespräch wollen wir sie kurz vorstellen.

Dieses Jahr stehen Nationalratswahlen an, du bist Nummer 2 auf der KPÖ Liste. Wie fühlt sich das an? Wie haben deine Kolleg:innen darauf reagiert? Welche Rückmeldungen hast du bekommen?

Ich bin ja eine politische Quereinsteigern. Daher ist das für mich schon sehr neu und aufregend. Aber ich habe mich immer wieder neuen Herausforderungen gestellt und ich freue mich darauf, die Anliegen der Pflege – hoffentlich bald – politisch vertreten zu können.

Dass ich politisch in der KPÖ aktiv bin, wussten die meisten meiner Kolleg:innen ja schon. Eine Kollegin meinte: “Cool, dass Du das machst. Du bist schon immer für andere Eingestanden.” Andere Kolleg:innen waren hingegen weniger begeistert. Viele haben ja noch ein sehr verzerrtes Bild von der KPÖ. Aber alles in allem habe ich viel Unterstützung erfahren.

Du bist seit fast 40 Jahren in der Pflege aktiv – beruflich wie auch politisch. Wenn du gewählt wirst, wärst du vermutlich die erste Pflegerin als Abgeordnete im Nationalrat. Wie siehst du deine Rolle dort?

In der Partei haben wir ja den Begriff der “Expert:innen” des Alltags. Das trifft es sehr gut für mich. Ich möchte meine jahrzehntelange Erfahrungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege einsetzen.

Fakt ist, dass wir im Nationalrat in der Opposition sein werden. Das heißt, meine Aufgabe wird hauptsächlich darin bestehen, Regierungsvorhaben kritisch zu beleuchten und immer wieder unsere Vision eines solidarischen Gesundheitssystems einzufordern.

Die schwarzgrüne Regierung hat 2022/2023 eine Pflegereform beschlossen. Was ist davon bei den Kolleg:innen angekommen?

Dazu muss man vorausschicken, dass diese Reform aus einer Krisensituation heraus entstanden ist. Viele im Gesundheitsbereich haben dem System den Rücken gekehrt. Zur Schadensbegrenzung wurde viel Geld in die Hand genommen. Bekanntestes Beispiel ist vermutlich das zusätzliche Gehalt und Bemühungen um Stabilisierung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen ,

Dennoch darf man nicht vergessen, dass wir nach wie vor immer wieder an der Belastungsgrenze arbeiten und nicht alle Berufsgruppen kommen gleichermaßen in den Genuss der Reform.

Bis zum Jahr 2050 werden in der Pflege beziehungsweise Betreuung etwa 200.000 zusätzliche Menschen benötigt. Warum gibt es den Personalmangel? Was muss sich am System ändern?

Die aktuelle Situation ist ein Resultat jahrelanger Versäumnisse. Auch die Privatisierungstendenzen im Gesundheitsbereich haben das Übrige zur aktuellen Misere beigetragen. Die Probleme – insbesondere in privat geführten – Pflegeheimen sorgen regelmäßig für Schlagzeilen. Gesundheit ist keine Ware!

Dabei ist die Pflege ein vielfältiges Berufsfeld. Wenn jedoch der Arbeitsdruck so hoch ist, dass ich nur mehr das Allernötigste machen kann und ich Raubbau an der eigenen Gesundheit mache, dann überlegen sich interessierte Menschen sehr genau, ob sie diesen Beruf wählen.

Hier müssen wir ansetzen. Wir müssen den Fachkräften ermöglichen, ihre Arbeit ordentlich zu machen. Um das System zu entlasten, müssen wir die vorhandenen Ressourcen auf die wesentlichen Gesundheitsbereiche fokussieren. Und wir müssen Gesundheit breiter denken. Gesundheit fängt auch bei der täglichen Turnstunde an.

Das Feld der Pflege ist sehr unterschiedlich. Neben dem Krankenhausbereich gibt es zum Beispiel auch den Bereich der 24h-Betreuung. Wo siehst du hier Änderungsbedarf?

Die 24h-Betreuung ist geprägt von atypischen und zum Teil auch prekären Beschäftigungsverhältnissen. Um Geld zu sparen wird dabei oft auf Angehörige oder ausländische Kräfte zurückgegriffen. Es geht daher auch hier ums Geld. Um ordentliche Beschäftigungsverhältnisse zu ermöglichen, muss die Finanzierung überdacht werden. Das derzeitige Pflegegeldregime kann das nicht leisten. Hier bedarf es einer grundlegenden Erhöhung bzw. Neugestaltung.

Dein persönliches Wahlziel?

Ziel ist natürlich, die 4% Hürde zu überspringen. Mit den parlamentarischen Instrumente – Anfragen, Anträge, etc. – haben wir viel mehr Möglichkeiten und Ressourcen unsere Ziele zu verfolgen und unsere Alternativen zur derzeitigen Politik in den Diskurs einzubringen.

Auch in Salzburg-Stadt wird dieses Jahr gewählt. Wie ist die Stimmung auf der Straße? Wie kann man euch unterstützen?

Die Erfolge der KPÖ in Graz und bei den Landtagswahlen in Salzburg geben uns für die Gemeinderatswahlen Rückenwind. Die hohen Wohnkosten und die Teuerung lassen viele Menschen erkennen, dass ein “weiter so” nicht mehr geht. Die KPÖ+ hat seit dem Einzug in den Salzburger Gemeinderat 2019 konsequent Politik für die weniger privilegierten Menschen in Salzburg gemacht. Das wird nicht vergessen. Das merkt man auch auf der Straße – die Menschen kennen uns schon und vertrauen uns.

Viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch!

Mehr zum Thema